Eurozentrismus? Kolonialismus?
Unser kulturelles Erbe muss unter einer kritischen Lupe betrachtet werden. Die zentrale Frage lautet: Woher kam historisch die Vormachtstellung des Westens gegenüber anderen Bereichen der Welt und wie wurde die europäische Kultur zum Global Player?
Wie verändert sich global gesehen diese Stellung zur Zeit? Und was bedeutet dies in einem Einwanderungsland wie Deutschland?
Wer spielt heute welche Musik und für welches Publikum?
Und was heißt das unter musikalischen Gesichtspunkten für inzwischen in Deutschland beheimatete nicht-westliche
Musiktraditionen wie z.B. die des Nahen und Mittleren Ostens heute?
Kolonialismus, visualisiert in zwei Minuten
Kolonialismus und Sklaverei bedingen sich gegenseitig. Die ländliche Erschließung der mächtigen Nationen begann bereits im Jahr 1554 und dauerte 315 Jahre an. Kulturen wurden ausgerottet, unterworfen oder bestohlen. Klicken Sie auf das Video und verfolgen Sie den Sklavenhandel zwischen Amerika und Afrika von 1554 bis 1860.
Jeder einzelne Punkt steht für einen eigenen der 20.528 Sklaventransporte. Klicken Sie einzelne Punkte an, so erhalten sie detaillierte Informationen zu Route und Ladung des jeweiligen Schiffes.
Deutschland und der Kolonialismus
Kolonialismus und Sklavenhandel als Teil der deutschen Geschichte?
Oftmals wird argumentiert, dass Deutschland kaum Kolonien besaß und das auch nur für einen eher kurzen Zeitraum bis zum Enden des 1. Weltkrieges. Im internationalen Vergleich steckt die Auseinandersetzung Deutschlands mit seinem kolonialen Erbe jedoch noch in den Kinderschuhen. Nicht zuletzt wurden pseudowissenschaftliche Grundlagen für die Legitimation von Sklavenhandel sowie Ausbeutung von Kolonien auch wesentlich in Deutschland mitentwickelt. Selbst Philosophen und Schriftsteller wie Immanuel Kant oder Johann Wolfgang von Goethe haben sich mit Theorien der Menschenrassen auseinandergesetzt und diese entwickelt.
Beispiele, wie ein Tor des Zoos Hagenbeck, welches erst 2018 aufwendig restauriert wurde und immer noch Indigene und Schwarze Menschen öffentlich auf eine Stufe mit wilden Tieren stellt, zeigen, wie wenig vorangeschritten die Auseinandersetzung und Sensibilisierung der Deutschen mit ihrem Kolonialen Erbe gegenüber ihrem nationalsozialistischen Erbe ist.
Edward Said Der Mitbegründer der postkolonialen Forschung
Edward Said Der Mitbegründer der postkolonialen Forschung
„Kent Nagano, der überaus gewandte und einfühlsame Dirigent, hielt die Musik ganz wunderbar zusammen.“
– Edward Said
Edward Said -
Der Mitbegründer der postkolonialen Forschung
Tauchen wir nun tiefer in die Materie ein. In den folgenden zwei Videos lernen Sie den Intellektuellen Edward Said kennen. Der in Palästina geborene Literaturtheoretiker hat mit seinem 1978 erschienenen Buch „Orientalismus“ einen Grundstein für die postkoloniale Forschung gesetzt. Sein Gedanken und Theorien sind der Schlüssel Eurozentrismus und Kolonialismus zu begreifen. Welche Stereotype haben wir im Kopf, wenn wir etwas als „orientalisch“ bezeichnen? Wie entstanden diese Vorurteile und Bilder über eine Kultur, die wir selbst nicht leben und vielleicht deshalb nur wenig begreifen können?
An Introduction to Orientalism
Framed: The Politics of Stereotypes in News
„Was also als Musik verstanden wird, ist sehr beliebig. Es kommt darauf an, wer entscheidet, was Musik ist. Und diese Entscheidung wird häufig in Europa getroffen. Deshalb ist Musik generell ein koloniales Projekt.“ — Performer meLê yamomo
Wie klingt Kolonialismus?
Der Performer meLê yamomo setzt sich in seiner Sound-Performance Echoing Europe mit der Frage „Wie klingt Kolonialismus?“ auseinander. Wer entscheidet denn was überhaupt erklingen darf? Die Musikwissenschaft? Die Musikethnologie? Im Beitrag des Deutschlandfunks reflektiert der Journalist Christoph Möller gemeinsam mit dem Künstler das koloniale Erbe der Musikgeschichte und hinterfragt kritisch den klassischen Musikbetrieb.
Ist Klassische Musik kolonialistisch?
Sind Musikinstitutionen Komplizen reaktionären und hegemonialen Denkens?
Von Fabien Lévy
Wenn das kulturelle Erbe zum Fetisch wird
An der Universität Oxford denkt man über die Änderung der Lehrpläne nach. In Deutschland hingegen tut man sich bislang schwerer damit.
Acht schwierige Schritte zur Dekolonisation der Neuen Musik
Westliche Perspektiven und Narrative der Musikgeschichte
Geschichte wird im Nachhinein geschrieben. Aber von wem und mit welchen Absichten?
Wer und was wird erwähnt und miteinander in Beziehung gesetzt – und was nicht?
Hier erhalten Sie Einblick in Ereignisse und Personen, denen bislang im westlichen Narrativ keine Relevanz zugeordnet wurde.
Wie rassistisch ist der Kanon der klassischen Musik?
Die Debatte darüber, wer gehört wird und wer verstummt, wird lauter.
Von Hannah Schmidt
Joseph de Boulogne, Chevalier de Saint-Georges.
Ein Portrait von Daniele G. Daude
Sicher kennen Sie Woodstock. Aber kennen Sie auch den Summer of Soul, der im selben Sommer stattfand? Dabei war der musikgeschichtlich mindestens so bedeutsam.
Wussten Sie von der breiten Musikszene türkeistämmiger "Gastarbeiter" in Deutschland seit den 1960er Jahren mit millionenfachen Plattenverkäufen?
Die Idee der Zivilisierung des Wilden durch Klassische Musik
Neben einer wirtschaftlichen und militärischen Überlegenheit des Westens war man sich lange Zeit auch seiner moralischen und vor allem kulturellen Überlegenheit "bewusst." In Ihrem Blog Classical Music and the Civilizing Mission Ideology, hinterfragt Kira diese Haltung.
Der Komponist Händel: Ein Sklaveninvestor?
Musikhistoriker fanden heraus, dass der Komponist Georg Friedrich Händel in Sklaverei Inventionen verstrickt war. Die Diskrepanz zwischen der Vollkommenheit der Händel’schen Musikwerke und seine politische und moralische Einstellung klaffen auseinander. Wie kann man Händels Musik unter diesen Vorzeichen noch genießen?
In dem kurzen Artikel in der Zeitung New Statesman beschreibt die Autorin und Journalistin Antonia Quirke die Schwierigkeit der historischen Einordnung dieses Vorwurfs gegenüber Georg Friedrich Händel.
In diesem wissenschaftlichen Artikel geht es um G.F. Händel als der „Slave-Handel“. Die Autor*in analysiert darin die historischen Gegebenheiten und den Vorwurf gegenüber dem Komponisten in die Sklaverei finanziell wie ideologisch zu investiert zu haben.
Erster Kongress für arabische Musik 1932
Fusion östlicher und westlicher Klangfarben? Vor 80 Jahren tagte der erste internationale Kongress der arabischen Musik in Kairo. Eigentlich dazu gedacht, das musikalische Erbe vor dem Vergessen zu bewahren. Am Ende führten die Diskussionen zu einer Erneuerung der klassischen arabischen Musik.
Dieser Artikel bietet einen kleinen Einblick in die Debatten des Kongress. Zusammengetragen von Suleman Taufiq auf der Seite qantara.de, die sich um einen Dialog mit der islamischen Welt bemüht.
Reflektieren - Debattieren - Verändern
Hier haben wir für Sie eine große Sammlung an weiteren Literaturempfehlungen, die sich alle mit der Frage: Was nun? Wie dem Kolonialismus und Eurozentrismus in der klassischen Musik begegnen. Sie bieten einen Einblick in unterschiedliche Standpunkte und zeigen auf, wie in Zukunft mit dem kulturellen Erbe des Kolonialismus umzugehen ist.
Der Komponist Wolfgang-Andreas Schultz beschäftigt sich in seinem Essay über die Epoche der westlichen Moderne. Was bedeutet die Globalisierung für die neue Musik und wie positionieren sich darin östliche und arabische Musiktraditionen?
Globalisierung und neue Musik
Der Dirigent und Komponist Sandeep Bhagwati ist ein künstlerischer Forscher und Theoretiker, der in diesem Essay nach dem Platz der klassischen und zeitgenössischen Musikszene sucht. Es ist nicht einfach, in Europa, die jahrhundertelangen Traditionen zu sprengen und mit anderen Musiktraditionen zu konfrontieren. Häufig steht das „diverse Programm“ dann als Sonderling zwischen dem gewohnten Repertoire. Seine These: Erst wenn die mannigfachen Musikstile miteinander verknüpft sind, ist die klassische Musikszene als divers und vielfältig zu betrachten.
„Zurückhören bitte!“
Unter dem Titel „The other Beethoven(s)“ lud im Oktober 2020 das Goethe Institut zu einem Symposium ein, bei dem Expert*innen aus den Fächern Musikwissenschaft, Medienwissenschaft, Komponist*innen und Musiker*innen über die Frage der Dekolonisierung der Musik, vor allem im Bereich der klassischen Musik, diskutierten. Das gesamte Symposium kann nun über diesen Link gestreamt werden.
„The other Beethoven(s)“
Auch der Musikdramaturg Philip Geisler beschäftigt sich mit der Frage: Wie kann die Musik dekolonialisiert werden? Dabei analysiert er die islamische Kunst und zeigt wie eine Musik ohne Hierarchien möglich ist. Sein Artikel wurde von dem VAN Musikmagazin publiziert und ist über folgenden Link abrufbar:
nebeneinander, seitlich, unendlich
In dieser Rubrik dürfen Sie etwas lernen und seien Sie gespannt: Denn das arabisch-türkische Musiksystem ist sehr viel komplizierter, als es auf den ersten Bick erscheint. Aber sehen Sie hier einfach selbst: Eine kleine arabisch-türkische Musiklehre Kennen Sie sich aus mit arabischen Musikinstrumenten? Nein? Dann schauen Sie gleich auch bei Maqamworld.com vorbei. Diese Homepage wurde unter anderem von Hesham Hamra, dem Oud-Spieler von Colourage initiiert. Sie ist ein digitales Lexikon, das Wissen der arabischen Musiktradition vermittelt und es findet sich fast alles zur Musik des Nahen Ostens. Schnuppern Sie einfach mal rein. Viel Spaß!
Transkulturelle &
Transtraditionelle Musikpraxis
Orchester als Teil der Klassik-Szene werden einerseits von der Allgemeinheit finanziert.
– Aber machen Sie mit ihrem Werke-Kanon auch ein Angebot von Allen für Alle in einer postmigrantischen Gesellschaft?
Wie können Orchester ihre gesellschaftliche Relevanz bewahren?
Was bedeuten Begriffe wie "Kulturelle Vielfalt" in einer Einwanderungsgesellschaft?
Hier zeigen wir einige Ansätze, wie sich Orchester gegenüber anderen Denkweisen von Musik öffnen könnten:
Projekt &
Kollaborationen
Orchester und transkulturelle Musik
Wie könnte nicht-westliche Musikpraxis an deutschen Berufsorchestern langfristig etabliert werden – und zwar nicht als add-on, sondern als integrale Kompetenz?
An der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz hat man sich mit dem Ensemble Colourage in einen langfristig angelegten Prozess begeben, um die Möglichkeiten transkultureller Musikpraxis zu erkunden.
Ein Bericht der Arbeit des Ensembles COLOURAGE findet
sich u.a. im KULTUR MANAGEMENT NETWORK
MAGAZIN vom FEBRUAR 2023
AUSGABE 170: POSTKOLONIALISMUS
Transtraditionelle zeitgenössische Musik
Der Blick über den Tellerrand
Outernational is an artistic research project about transtraditional musics. How can a diverse, contemporary music sound like? How do we listen to music as a story of change and migration?
Outernational presents outstanding soloists connected to different and hybrid music traditions.
In concerts, that celebrate their premiere in Berlin from where they will make guest appearances in Europe – and in a magazine connected to VAN Magazine: VAN Outernational. Political, social and postcolonial issues are addressed in the accompanying »Outernational listening« sessions.